Die Zahl der Energieberatungen je Energieeffizienz-Experte ist von 89 für das Jahr 2022 auf 54 in 2023 erheblich gesunken. Nur durch die steigende Zahl der Energieeffizienz-Experten auf rund 17.000 zum Jahresende ist die Gesamtzahl der Energieberatungen jedoch nur um 18 Prozent im Vorjahresvergleich auf rund 900.000 für das Jahr 2023 gesunken. Energieberater erleben einen Nachfragerückgang von durchschnittlich 4,5 Prozent. Hauptsächlich wurden 2023 Beratungen zu Einzelmaßnahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) und zu individuellen Sanierungsfahrplänen (iSFP) realisiert. Deswegen erreicht das Energieberatungsangebot hauptsächlich private Wohneigentümer und Wohneigentümergemeinschaften, aber nur sehr selten kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Kommunen. Auch bei regionalen Wärmeplanungen sind nur ein Fünftel (22 Prozent) der Energieeffizienz-Experten involviert, am häufigsten als Teil eines regionalen Energieeffizienznetzwerkes.
Dies sind die Ergebnisse der Sirius Campus Marktuntersuchung „Monitor zur Energiewende – Perspektive der Energieberater“, einer repräsentativen Befragung unter den Verbandsmitgliedern des Gebäudeenergieberater Ingenieure Handwerker Bundesverbands (GIH), des Deutschen Energieberater-Netzwerks (DEN) und des Zentralverbands Deutscher Schornsteinfeger (ZDS). Die Stichprobe mit 799 Online-Interviews wurde mit Unterstützung der drei Verbände im März 2024 erhoben.
„Programm-Bescheide schnell wieder öffnen!“
Der Branchen-Studie zufolge löst ein durchgeführter individueller Sanierungsfahrplan (iSFP) bei privaten Wohneigentümern durchschnittliche Investitionen in Höhe von 84.000 Euro bei privaten Wohneigentümern und 190.000 Euro bei Wohnungseigentümergemeinschaften aus. „Die Zahlen belegen, dass Energieberater einen guten Job machen und der iSFP funktioniert“, sagt Benjamin Weismann, Geschäftsführer des GIH. „Deshalb ist es jetzt wichtig, dass die Anträge so schnell wie möglich bearbeitet werden!“
Geringer Glaube an Zeitplan für Energiewende
Nur zwei Fünftel (39 Prozent) der Energieberater geht (sehr) wahrscheinlich davon aus, dass Deutschland 2045 Strom und Wärme zu über 90 Prozent aus erneuerbaren Energien erzeugen wird. Im Vergleich zu privaten Haushalten (55 Prozent) und KMU (51 Prozent) sind Energieberater am seltensten Optimisten der Energiewende. Die Beurteilung der GEG-Novellierung fällt noch kritischer aus. Insgesamt attestieren 84 Prozent der Energieberater dem GEG einen zu starken Heizungsfokus und 80 Prozent eine fehlende Klarheit für private Haushalte. Die Hälfte der Energieberater sind GEG-Kritiker, nur elf Prozent klare Befürworter. Hauptsächlich mit der Kritik am GEG und des bürokratischen Aufwands bei Förderanträgen erklären Energieberater ihren Nachfragerückgang. Nach wie vor wird das BAFA von nur 21 Prozent der Berater positiv beurteilt (2023: 13 Prozent). Dagegen erfreuen sich fast zwei Drittel (60 Prozent) über die Zusammenarbeit mit der KfW Bank. „Energieberater warten dringend auf eine Neugestaltung des individuellen Sanierungsfahrplans (iSFP) in Richtung Vereinfachung, Verständlichkeit und Beschleunigung. Schließlich sind sie durch die massive Förderung für den Heizungsaustausch weitgehend ausgeschlossen worden“, erläutert Dr. Oliver Gaedeke, Gründer und Geschäftsführer des Forschungs- und Beratungsinstituts Sirius Campus. Individuelle Sanierungsfahrpläne betrachten Gebäude ganzheitlich, so dass Heizungen bei modernisierter Dämmung auch kleiner dimensioniert werden können. Gerade für ältere Gebäude ist dies von erheblicher Bedeutung. So sind die Besitzer älterer Gebäude (Baujahr vor 1994) auch deutlich zurückhaltender mit ihren Investitionsplänen in energetische Sanierungen als solche mit jüngeren Gebäuden.
Wachstumsoptimismus ungebrochen
Trotz kritischer Haltung ist die Wachstumsorientierung bei zwei Drittel (62Prozent) der Energieberaterbüros wie bereits im Vorjahr (64 Prozent) hoch ausgeprägt. Besonders Berufseinsteiger sowie Befürworter des GEG und Optimisten der Energiewende sehen in ihrem Beruf eine große Zukunft. Besonders erfolgreich sind Energieeffizienz-Experten vor allem durch zwei Strategien. Die Ausrichtung auf investitionsbereite Haushalte mit einem angemessenen Budget – auch durch Fördermöglichkeiten – und Fokus auf das Energiesparen liefern ihnen eine höhere Erfolgsquote. Der zweite Treiber zum Beratungserfolg liegt im Beratungsstil. Eine gute Führung des Kunden, die Betonung neuer gesetzlicher Vorschriften und von Qualitätsargumenten, wie Wohnkomfort oder Energieeinsparungen, überzeugen in der Kundenberatung stärker. „Vor allem rein monetäre Geldspar- oder Amortisationsberechnungen überfordern viele Menschen und sind kontraproduktiv. Die Thematisierung von Energieverlusten und Steigerungen der Wertigkeit des Hauses verfängt stärker“, gibt Dr. Oliver Gaedeke zu bedenken. Die Bedeutung von einer kundenorientierten Gestaltung des Beratungsprozesses und der Angebote bestätigt sich auch in aktuellen Kaufprozessuntersuchungen für Wärmepumpen.