Die Anforderungen im Gebäudebereich sollen mit dem Koalitionsvertrag zum Teil deutlich verschärft werden. Ob dadurch die von der EU vorgegebenen bzw. von der Regierung selbst gesteckten Klimaziele erreicht werden, bleibt abzuwarten. Dies hängt auch von der Ausgestaltung der vielen genannten Maßnahmen ab, die teils noch nicht klar ausformuliert sind. Der Stellenwert der ganzheitlichen Energieberatung steigt. Durch die Wiedereinführung eines eigenen Bauministeriums (in SPD-Hand, bisher im Innenministerium integriert) sollte das energetische Bauen und Sanieren eine höhere Präferenz bekommen.
Förderungen
- Breite, systematische Nutzung von Sanierungsfahrplänen. Erstellung iSFPs „z. B. für Wohnungseigentumsgemeinschaften und beim Kauf eines Gebäudes kostenlos“. GIH begrüßt dies, da dadurch mehr Sanierungen in WEGs und beim Gebäudekauf angereizt werden.
- Einführung Förderprogramm für Wohnungsneubau mit Fokussierung auf Treibhausgas-Emissionen pro m² Wohnfläche als Ersatz für die ab Februar 2022 gestrichene Neubauförderung zum Effizienzhaus 55. GIH: Noch unklar, ob dies die Umstellung der BEG weg vom Referenzgebäude bedeutet. Bleibt die Effizienzhausförderung 40 bestehen?
- Weiterentwicklung und Umschichtung der Förderprogramme – Regierung setzt auf „passgenaue und technologieoffene Maßnahmen aus Optimierung der Gebäudehülle, der technischen Anlagen“ und Versorgung: GIH: Könnte mehr Sanierungs- und weniger Neubauförderung bedeuten oder dass die BEG-Fördersätze von Gebäudetechnik und -hülle harmonisiert werden (da beide Gebäudebereiche in einem Zug genannt werden).
- Unterstützung der Privathaushalte mit KfW-Förderung bei der privaten Hochwasser- und Starkregenvorsorge. GIH hält dies für sehr wichtig und wird Hochwasserpass-Schulungen weiter ausbauen.
- Fortschreibung Quartiersansatz und Innovationsklausel. GIH: Heißt das, dass die Bilanzierung über THG statt Primärenergie erfolgt? Es könnte „Greenwashing“ in Quartieren bedeuten, da dadurch weniger ambitionierte Maßnahmen mit Leuchtturmprojekten „verrechnet“ werden könnten.
- Fortführung Förderprogramm Serielles Sanierung und Ausweitung innerhalb der BEG. GIH begrüßt jede Art von Effizienzförderung.
- Aufstockung des KfW-Programms für altersgerechtes Wohnen und Barriereabbau. GIH: dies ist überfällig, da 2021 schon zur Jahresmitte die Mittel aufgebraucht wurden. Förderungen benötigen Verlässlichkeit.
- Förderung von Mieterstrom- und Quartierskonzepten vereinfachen und stärken. GIH hält dies für sinnvoll, da derzeit zu kompliziert und bürokratisch
Rechtliche Anforderungen
- Anpassung GEG: Angleichung der Neubau-Standards zum 1. Januar 2025 an KfW-EH 40. GIH: Bedeutet wohl, dass bis dahin der Neubau-Standard von ca. 75 gelten wird. Der GIH begrüßt die Verschärfung der Neubauanforderungen, hätte aber einen Zwischenschritt zum EH 55 für sinnvoller gehalten.
- GEG-Änderung: Ab 1. Januar 2025 soll jede neu eingebaute Heizung auf Basis von 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben werden müssen. GIH: Bedeutet dies dann das Aus für den Einbau rein gas- und ölbetriebener Heizungen in Neubau und Sanierung? Dann wäre wohl nur der noch Einbau bestimmter Hybridanlagen möglich. Kombination von Solarthermie mit Gas-Brennwert-Geräten schafft in der Regel keine 65% EE-Anteil. Wäre somit auch das Aus für die EE-Klasse, da die gesetzliche Anforderung dann ja höher liege.
- „Zum 1. Januar 2024 werden für wesentliche Ausbauten, Umbauten und Erweiterungen von Bestandsgebäuden im GEG die Standards so angepasst, dass die auszutauschenden Teile dem EH 70 entsprechen. GIH: Bedeutet Verschärfung des nichtgeförderten Sanierens auf derzeitigen Neubaustandard. Möglichkeit für Energieberater, Sanierungswillige zu geförderten Einzelmaßnahmen zu motivieren, da Differenz zwischen den neuen Anforderungen und denen der BEG somit geringer wird. Fraglich bleibt, wie die Länder dies kontrollieren werden. (Bisher kaum Vollzug des GEGs.)
- Verpflichtende Nutzung der Dachflächen für Solarenergie bei gewerblichen Neubauten. Bei privaten Neubauten „soll es die Regel werden“. GIH begrüßt stärkeren Ausbau lokaler Solarenergie, Regelungen für private Neubauten müssen konkretisiert werden.
- Regierung setzt auf steigenden CO2-Preis als wichtiges Instrument. GIH begrüßt stärkeren wirtschaftlichen Anreiz für Sanierungen, insb. dadurch Anreiz zum Einbau von Heizungsanlagen, die mit regenerativen Energien betrieben werden.
- Umlage des CO2-Preises und Teilwarmmiete für eine faire Teilung des CO2-Preises zwischen Mietern und Vermietern durch Einführung eines Stufenmodell in Gebäudeenergieklassen ab 1. Juni 2022, das die Umlage des CO2-Preises nach Brennstoffemissionshandelsgesetz regelt. Wenn zeitlich nicht möglich: Hälftige Aufteilung der erhöhten Kosten durch CO2-Preis ab 1. Juni 2022 zwischen Mieter und Vermieter. GIH: Regierung erhofft sich dadurch mehr Sanierungsanreize für Eigentümer, die Gebäude vermieten.
- Verlängerung und Verschärfung der Mietpreisbremse.
- Verbesserung, Vereinheitlichung und Digitalisierung des Gebäudeenergieausweis. GIH: Vage Formulierung. GIH hofft, dass damit Bedarfsausweis zum digitalen Standard wird.
- Grundlagenschaffung für verstärkte Betrachtung des Einsatzes grauer Energie und Lebenszykluskosten. GIH: Grundlagen bestehen bereits in den Systemen zur Nachhaltigkeitsbewertung (DGNB, BNB). Eine Berücksichtigung im GEG 2022 aufgrund der unkonkreten Formulierung eher unwahrscheinlich.
- Steuerrecht: Anhebung der linearen Abschreibung für Neubauwohnungen von zwei auf drei Prozent. GIH: Durch schnellere Abschreibungsmöglichkeit erhofft sich die Regierung mehr Neubauaktivitäten.
- Unterstützung der Vorschläge des EU-Programms „Fit for 55“. GIH: Sollte dies konsequent umgesetz werden, könnte dies weitreichende Folgen haben. Wie z.B. nach Energieeffizienzrichtlinie eine Sanierungsverpflichtung für öffentliche Gebäude (mind 3 % p.a.)
- Beendigung der Finanzierung der EEG-Umlage über den Strompreis.
Weitere Maßnahmen
- Stärkung des dezentralen Ausbaus der Erneuerbaren Energien. GIH: Wichtige Bedingung für Erreichung der Energiewendeziele.
- Einführung eines Bau-, Wohnkosten- und Klimachecks. GIH: Hört sich sinnvoll an, Ausgestaltung zu definieren.
- Anpassung der Prozesse der Normung und Standardisierung, so dass Bauen günstiger wird. GIH: Sinnvoll, jedoch Ausgestaltung nicht klar definiert.
- Umsetzung Open-BIM und einheitliche Schnittstellen/Standards. GIH: Erleichtert Projektdatenaustausch zwischen am Bau Beteiligten. Gilt das auch für Bilanzierungssoftwareprogramme?
- Einführung eines digitalen Gebäuderessourcenpasses. GIH begrüßt, da Gebäudedaten dann nur noch einmalig erhoben werden müssen.
- Prüfung zur Erstellung eines digitalen Gebäudeenergiekatasters. GIH begrüßt auch dieses Vorhaben, da Energieberater auf verlässliche Gebäudedaten in der Zukunft zurückgreifen können. GIH schlägt vor, es nicht nur bei einer Prüfung zu belassen.
Koalitionsvertrag als PDF-Datei
Am 1. Dezember veranstaltet der GIH um 17 Uhr eine Online-Diskussion mit Experten aus Wissenschaft und Politik über die Auswirkungen des Koalitionsvertrages.
Weitere Infos und kostenfreie Anmeldung unter www.gih.de/termin/gih-online-diskussion-koalitionsvertrag-umsetzung-des-klimaschutzes-im-gebaeudesektor/
Der GIH übernimmt für diese Einschätzungen keine Gewähr.